Warum sind Beitragsanpassungen notwendig und wann sind sie unwirksam?
Auch wenn man es nicht hören möchte, so sind Beitragsanpassungen in der Privaten Krankenversicherung richtig und auch notwendig. Die private Krankenversicherung (PKV) wie auch die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) sind im Bezug auf die Beitragskalkulation mit mehreren Problemen konfrontiert:
- Anhaltender Niedrigzins
In der Vergangenheit konnten die PKV-Unternehmen Altersrückstellungen im Schnitt mit 3,5% verzinsen. Heute liegt diese Verzinsung nur noch bei ca. 1%. Die fehlenden Zinsgewinne müssen durch Beitragserhöhungen ausgeglichen werden.
- Preissteigerung in allen Sektoren
Wie auch in anderen Branchen steigen die Preise für Energie, Löhne, Arbeitsausstattung, Materialien etc.
- Medizinischer Fortschritt
Die moderne Medizin erreicht immer neue Meilensteine. Durch neue Behandlungsmethoden, Forschung und Entwicklung steigen die Ausgaben für die Gesundheitsversorgung
- Steigende Lebenserwartung
Bedingt durch den medizinischen Fortschritt werden die Menschen immer älter. Im fortgeschrittenen Alter werden die Gesundheitsausgaben höher.
Es ist also nicht nur ein einzelner Faktor, der regelmäßige Beitragserhöhungen notwendig werden lässt.
Beitragsanpassungen sind im §203 Abs. 2 VVG geregelt. Dort heißt es:
„Ist bei einer Krankenversicherung das ordentliche Kündigungsrecht des Versicherers gesetzlich oder vertraglich ausgeschlossen, ist der Versicherer bei einer nicht nur als vorübergehend anzusehenden Veränderung einer für die Prämienkalkulation maßgeblichen Rechnungsgrundlage berechtigt, die Prämie entsprechend den berichtigten Rechnungsgrundlagen auch für bestehende Versicherungsverhältnisse neu festzusetzen, sofern ein unabhängiger Treuhänder die technischen Berechnungsgrundlagen überprüft und der Prämienanpassung zugestimmt hat…“
Gesetzliche Anforderungen an eine Beitragsanpassung
Grundsätzlich darf der Versicherer die Prämien erst dann anheben, wenn die Leistungsausgaben um mehr als 10% höher ausgefallen sind als ursprünglich angenommen. Ein weiterer Grund kann die geänderte Lebenserwartung sein. Weicht diese um mehr als 5% vom ursprünglich kalkulierten Wert ab, darf die PKV die Beiträge ebenfalls anpassen.
Zusammenfassung
Die Beitragsanpassung muss…
…von einem unabhängigen Treuhänder überprüft sein
…unter Angabe der „maßgeblichen Gründe“ ausreichend begründet sein
Ist dies nicht der Fall, kann eine Beitragserhöhung unwirksam sein.
Gibt es bereits Urteile?
In beide Richtungen gibt es bereits Urteile. So wurden zum Beispiel die nicht ausreichenden Begründungen der AXA für die Beitragsanpassungen in den Jahren 2014, 2015 und 2016 vom BGH einkassiert (Urteile vom 16. 12. 2020, Az. IV ZR 294/19 und IV ZR 314/19). Mit seinem Urteil vom 17. November 2021 hat der BGH jedoch festgelegt, dass rückwirkende Beitragserstattungen aufgrund von mangelnd begründeten Beitragsanpassungen auf drei Jahre begrenzt sind (Az.: IV ZR 113/20).
Auf der anderen Seite gibt es Urteile, die Beitragsanpassungen als wirksam deklariert haben (Az. IV ZR 255/17). In diesem konkreten Fall ging es um die Unabhängigkeit der Aktuare im Zusammenhang mit den Beitragsanpassungen der AXA aus den Jahren 2012 und 2013.
Wie Ihre Erfolgschancen stehen
Aus unserer Sicht ist es nur selten eine gute Idee den PKV-Anbieter auf eine Beitragsrückzahlung zu verklagen. Anwälte werben mit hohen Rückzahlungssummen, jedoch laufen unserer Erfahrung nach die meisten Verfahren ins Leere. Das eine Klage nicht nur nervenaufreibend, sondern auch kostspielig ist, sollte ohnehin klar sein. Sofern Sie keine Rechtsschutzversicherung haben, die die Kosten für Sie stemmt, dürfen Sie in Vorleistung gehen ohne sicher zu sein, dass Ihre Klage erfolgreich verläuft.
Nüchtern betrachtet bringt Ihnen eine Klage – selbst im Erfolgsfall – oft nicht den erhofften Effekt. Warum ist das so?
Wann eine Beitragsanpassung notwendig ist, haben wir bereits unter Punkt 1) für Sie beschrieben. Die Notwendigkeit vergangener Erhöhungen war also aufgrund mehrerer auslösender Faktoren vorhanden. Der eigentliche Streitpunkt – die nicht eingehaltenen rechtlichen Anforderungen – macht die Beitragsanpassungen überhaupt erst anfechtbar.
Was passiert also, wenn Ihr Versicherer die erhobenen Mehrprämien zurückzahlen muss?
- Ihm entsteht eine finanzielle Lücke durch Beitragserhöhungen die notwendig waren, aber zurückgezahlt werden mussten.
Die Folge daraus wird keine geringere sein, als weitere und teils deutlich höherer Beitragsanpassungen in den Folgejahren. Auch Versicherungsunternehmen sind lernfähig. Das bedeutet, dass bei zukünftigen Erhöhungen peinlichst genau darauf geachtet wird, alle rechtlichen Anforderungen einzuhalten, damit die Anpassung nicht anzufechten ist.
Experten-Tipp: Interner Tarifwechsel
Selbst wenn Ihre Klage erfolgreich verläuft, ist damit noch keine langfristige Lösung geschaffen. Wie bereits erwähnt, wird es auch in den nächsten Jahren immer wieder Beitragsanpassungen geben, die Ihre monatliche Prämie nach und nach in die Höhe schnellen lassen.
Die effektivste Möglichkeit, um Ihre Beiträge nachhaltig zu senken, ist der interne Tarifwechsel nach §204 VVG innerhalb Ihrer PKV-Versicherung.
Was ist ein interner Tarifwechsel?
Bei einem internen Tarifwechsel suchen wir innerhalb der aktuellen Versicherungsgesellschaft einen anderen Tarif, der auf Basis der bisherigen Leistung günstiger kalkuliert ist. Die Ersparnis beträgt bei ähnlichem Leistungsniveau bis zu 47%.
Welche Vorteile hat ein interner Tarifwechsel?
- Erhalt aller Altersrückstellungen
- Keine neuen Wartezeiten
- Keine Gesundheitsprüfung
- Gleiches / ähnliches Leistungsniveau
- Kein Wechsel des Anbieters
Fazit:
Die eigene PKV zu verklagen, hilft Ihnen in Bezug auf langfristig bezahlbare Beiträge im Alter nicht weiter. Von einer überstürzten Kündigung raten wir Ihnen aufgrund bekannter Nachteile ebenfalls ab.
Nutzen Sie unsere Expertise und die Möglichkeiten des §204 VVG (Tarifwechselrecht) und prüfen noch heute unverbindlich die Einsparmöglichkeiten innerhalb Ihres PKV-Unternehmens.